30 Jahre Leitung

Hans & Dorothea Gärtner im Interview

Aus welchen 3 Gründen lohnt es sich aus eurer Sicht eine Lebensgemeinschaft zu gründen und diesen Lebensstil zu leben?

weil das Ganze immer mehr als die Summe der einzelnen Teile ist – oder poetisch ausgedrückt: „Alleine sind wir Worte, zusammen ein Gedicht“. Im Miteinander einer verbindlichen Gemeinschaft tritt Jesus „mitten unter sie“ und ER inspiriert uns durch die Geschwister. (vgl. Joh 20)

weil es dem Kern biblischer Botschaft entspricht. “Sie blieben beieinander“ (vgl. Apg 2) ist eine wesentliche Aufgabe. Die von Jesus berufene Jüngerschar, geistliche Bewegungen, wirksame Teams, sie alle lebten eine Form von verbindlichem Miteinander.

… weil sich hier Persönlichkeiten und Gaben ergänzen, zusammenwirken und die Früchte des Geistes besonders reifen können.

Die Einheit einer Gemeinschaft ist das Erkennungszeichen Gottes in der Welt. Diese muss erkämpft werden und dann kann diese Gruppe „eine für die Kirche wertvolle spirituelle Prägungskraft“ haben. (vgl. EKD-text Nr. 88)

Welche 3 „Erfolgsgeheimnisse“ könnt ihr nach 30 Jahren gemeinsamen Lebens verraten?

  • Wir müssen wissen und formulieren können, wozu es uns gibt. Eine Lebensgemeinschaft braucht einen über sich selbst hinaus gerichteten Auftrag, ein gemeinsames Ziel, für das sie sich investiert. Und alle Beteiligten brauchen das persönliche JA dazu und ihre ganze Hingabe für die große Sache. Richtet sich mein Leben nach meiner Berufung oder meine Berufung nach meinem Leben? Das macht den großen Unterschied.
  • Unser Miteinander braucht, egal zu welcher Zeit und mit welchen Personen, Räume der Offenheit für ehrliche Gespräche, die Möglichkeit seinen Ärger, die Enttäuschungen über den Anderen und Erwartungen aneinander zu formulieren und auch das Schöne und Bedankenswerte auszusprechen. Diese – bei uns zu seltenen – institutionalisierten Treffen haben die Luft gereinigt, den Druck abgebaut und wieder freundliche Blicke und Gespräche ermöglicht.
  • Durch Still-Sein und Hoffen werdet ihr stark sein. Dieses Nehemia-Wort und prägende Vorbilder haben uns zu einem Lebensstil der Stille motiviert. Dafür haben wir Zeit investiert - Stille-Stunden, Einkehrtage und Stille-Wochen z.B. in einem Kloster.

Wir sind überzeugt, dass uns dies in drei Jahrzehnten – in sehr anstrengenden Zeiten und Prozessen – einigermaßen gesund und frisch erhalten hat.

Was sind die wichtigsten Einsichten, die ihr in den letzten 30 Jahren gewonnen habt?

  • Es gibt nicht die ideale Gemeinschaft. Früher hörten wir uns sagen: „Es ist nicht alles vollkommen.“ und die Erwartung war, dass es dieses Vollkommene gibt. Heute sind wir ein Stück weit versöhnt mit der Wirklichkeit; und die heißt: „Es ist alles nicht vollkommen!“
  • Suche Gleichgesinnte für ein verbindliches Leben. Wir sind so dankbar, dass wir uns für eine verbindliche Lebensform entschieden haben. Es ist kaum vorstellbar, dass wir uns sonst geistlich und charakterlich so entwickeln hätten.
  • Die Leitung eines geistlichen Auftrags, eines Glaubenswerkes kann nur gut gelingen mit Unterstützung von Menschen mit bewährtem Lebenszeugnis und wirkungsvollen Charismen. Diese sollten wir  in Gremien und als berufene Ratgeber an unserer Seite haben.
  • „Den Geist dämpfet nicht!“ (1. Thess 5) Es lohnt sich zu investieren, allein und mit Anderen, um immer wieder auf die Stimme Gottes zu lauschen, auf seine Weisungen und Pläne zu hören.
  • „Prüfet alle und das Gute behaltet.“ (1. Thess 5) Nicht jede Idee, nicht jeder geistliche Eindruck ist vom Heiligen Geist inspiriert und nicht jede offene Tür ist ein Auftrag zu handeln. Persönliche Wünsche und unheilige Motive, auch unbewältigte Brüche aus der Vergangenheit, dies alles kann zu falschen Entscheidungen und Plänen führen.
  • Wiederstehe als Leiter der Versuchung Dinge zu entscheiden und voranzubringen, die nicht im vertrauten Kreis beraten und entschieden wurden.

Psalm 127 fasst es einfach und pointiert zusammenfassen: „Wo der Herr nicht das Haut baut, arbeiten umsonst, die daran bauen.“ Wo Jesus uns Türen öffnet und die Dinge hinter uns wieder zurechtbringt, da kann ein großer Auftrag auch mit uns schwachen Menschen gelingen.