Lectio Divina

Ein altbewährter Weg der Begegnung mit Gott

„Lectio Divina“ von Eugenio Hansen, OFS - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wiki- media Commons - https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lectio_Divina.svg#/media/File:Lectio_Divina.svgDer Herr ist mein Hirte - einer der bekanntesten Sätze der Bibel.

Der Herr ist mein Hirte!
Der Herr ist mein Hirte!
Der Herr ist mein Hirte!

Ein skandalöser Satz! Wie um alles in der Welt kommt Gott zu diesem Job? Hat er nichts Besseres zu tun? Aber David weiß: So kenne ich ihn! Der Herr der Welt ist voller Demut und Liebe dazu bereit, der Hirte für uns kleine Menschen zu sein! Was für ein Gott!

Die Lectio Divina ist eine geistliche Übung, die auf Benedikt von Nursia (ca. 480-547 n. Chr.), den Gründer des Benediktiner-Ordens zurückgeht. Sie will uns in die Stille führen und anregen zur Begegnung mit Gott in seinem Wort, im Gebet und im persönlichen Lebensbezug.

Rahmen: Es empfiehlt sich, mit einer halben Stunde zu beginnen und dann das persönlich passende Maß zu finden. Eine angenehme äußere Umgebung ist hilfreich. Ein wichtiges Übungsfeld: Ablenkungen und Störungen fern halten.

 

1. Lectio (Lesung):

  • Einen Bibeltext auswählen (zB: Ps 27; Jes 40,1-11; Lk 7,36-50)
  • 2 mal laut und langsam lesen, sozusagen in Zeitlupe und Nahaufnahme; dem Text zuhören; du wirst staunen, was du dabei entdeckst
  • Den Text wahrnehmen. Was sagt der Text?
  • Am Ende dieser Zeit: Welche Aussage spricht mich besonders an? Mit dieser Kernaussage gehe in die Meditatio.

 

2. Meditatio (Nachsinnen):

  • Ich lasse diese Kern-Aussage, diesen Vers auf mich wirken, spreche ihn wiederholt und sinne darüber nach.
  • Was sagt der Text mir?
  • Ich versetze mich in den Text hinein, in die Situation, in die Charaktere, erlebe ihn mit.
  • Was spricht er in mir an? Welche Gedanken, Vorstellungen, Assoziationen, Erinnerungen, Gefühle, kommen mir?
  • Wo ist dies Wort in meinem Leben? Wo ist mein Leben in diesem Wort?
  • Ich bewege all das im Herzen vor Gott und bin offen, wie er mir begegnen will.
  • Aufschreiben der Gedanken und Empfindungen hilft sehr zur Konzentration und Vertiefung
  • Kreative Elemente wie Malen, Bewegung, Tanz etc. können einbezogen werden

 

3. Oratio (Gebet):

  • Ich spreche mit Gott über diese Einsichten, Entdeckungen, Eindrücke und Empfindungen.
  • Ich bringe ihm meinen Dank, meine Verehrung, aber auch meine Fragen, Zweifel, Ängste ...
  • Auch dabei bemühe ich mich um eine hörende Haltung. Ich bleibe in der Zweisamkeit mit Gott, so gut es mir möglich ist. Auch äußere Anliegen oder Fürbitte sollen mich hier nicht abhalten. Ich gebe ihnen zu einer anderen Zeit Raum.

 

4. Contemplatio (Betrachtung):

  • Contemplatio ist der Raum des Verweilens, der Stille, des schlichten Daseins vor deinem Herrn und Vater: Die Gemeinschaft mit Gott genießen oder einfach ausruhen, nichts leisten müssen. Die Contemplatio braucht keine Ergebnisse oder bestimmte Gefühle. 
  • Sei hier möglichst sparsam mit Worten. Auch die folgenden Anregungen nur anwenden, wenn du sonst zu abgelenkt bist:
  • Ein Leitvers, der hin und wieder wiederholt wird, kann hilfreich sein, um Ablenkung zu vermeiden. Z.B.: Bei dir bleibe ich wie Maria, die zu deinen Füßen saß (nach Lk 10,39)
  • Wenn du möchtest, kannst du der Betrachtung Ausdruck verleihen, z.B.: Ich staune über deine Treue / Größe / Nähe / Liebe ...! Jesus, ich liebe so sehr an dir ...