Entscheidungslos?!

Gemeinschaftslos? – Entscheidungslos? – Orientierungslos? - Eine "Trilogie existentieller Fragen”

Jeden Tag prasseln unzählige neue Informationen und Impulse auf uns ein. Smartphones liefern im Minutentakt News zu allen erdenklichen Themen. Unsere Multifunktionslenkräder in den Autos haben Internetanschluss. Wir empfangen E-Mails mit den Uhren an unseren Handgelenken. Wir sind pausenlos erreichbar. Wir jagen vergeblich dem Zustand des „up to date-Seins“ nach (Vgl. Geißler, S. 9-17). Nur kommen wir in der Vielfalt und der Geschwindigkeit der beständigen Veränderungen  nie dort an. “Vieles, was wir lange Zeit für selbstverständlich und unveränderbar hielten, verändert sich nun von heute auf morgen, manches verschwindet ganz und gar. Familienstrukturen, religiöse Deutungssysteme, soziale Abgrenzungen, zeitliche Ordnungen und nicht zuletzt Formen der Arbeits- und Freizeitgestaltung – alles verändert sich, nichts ist heute mehr so, wie es gestern war, und morgen wird wieder alles ganz anders und ganz woanders sein.” (ebd. S. 10-11)

Es ist nahezu unmöglich, sich diesem Geist der Zeit zu entziehen. Die vielen Impulse, Neuigkeiten, Veränderungen, Informationen und Wahlmöglichkeiten fordern von uns allen täglich dutzende Entscheidungen: Wie kleide ich mich? Wie ernähre ich mich? Wie komme ich von A nach B? Mit wem verbringe ich wann, wo, wieviel Zeit? Wo und wann gehe ich einkaufen? Neues Auto? Weiterbildung? Geldanlage? Hausbau? Hochzeit? Kinder? Weltreise? Alles ist möglich, das Angebot und die Auswahl manchmal quälend herausfordernd.

Geißler spricht von diversen Kompetenzen, die solche gesellschaftlichen Umstände erforderlich machen. Da ist zum Beispiel die Vielfaltskompetenz. Sie meint die Fähigkeit, den Umgang mit der Gleichzeitigkeit des Unterschiedlichen produktiv zu gestalten. Das ist keine Selbstverständlichkeit und ein relativ neues Phänomen, das uns zu einer weiteren notwendigen Kompetenz führt: Die Balancekompetenz. Sie meint die Fähigkeit, konstruktiv mit Unsicherheiten umzugehen, denn die Umstände ändern sich schnell und die Sicherheit des einen Momentes ist im nächsten Augenblick bereits Vergangenheit. Der permanente Anstieg der Entscheidungs- und Möglichkeitsvielfalt bringt hohe zusätzliche Belastungen für den postmodernen Menschen mit sich. Er ist herausgefordert, seine Energien einzuteilen, zu balancieren und zu verteilen. (Vgl. Geißler, S. 159-177) Wir sind herausgefordert, täglich, stündlich, manchmal noch häufiger Entscheidungen zu treffen. Die gute Nachricht ist, wir KÖNNEN Entscheidungen treffen! Unbewusst tun wir es ständig, denn dank unserem unglaublichen Schöpfer haben wir ein Gehirn, das uns wiederkehrende Entscheidungen scheinbar abnimmt und automatisch fällt. Im Normalfall braucht sich niemand bewusst zu entscheiden, ob er an einer roten Ampel anhält oder doch lieber weiterfährt. Ein Fuß kuppelt, einer bremst, die Hände lenken, schalten runter - wie von selbst. Der Vorgang ist automatisiert.

Spannend wird es bei bewussten Entscheidungen. Auch davon fallen uns viele leicht. Wenn wir alle Informationen parat haben und wissen, was wir erreichen wollen, klappt das wunderbar. Aber da gibt es noch die schwierigen Entscheidungen. Die, die uns nicht leicht fallen, die uns so richtig beschäftigen können, zu denen uns nicht sofort die passende Antwort einfällt. Der Leitfaden in der Grafik rechts oben zeigt einen Weg auf, wie man vorgehen kann, wenn eine schwierige Entscheidung ansteht, die bewusst getroffen werden will. Ein wesentlicher Schritt dabei ist es herauszufinden, warum es mir schwerfällt, mich zu entscheiden. Kenne ich diese Gründe, verlieren sie an Macht und so kann ich selbstbestimmter und freier entscheiden. Die linke Grafik zählt ein paar dieser Gründe auf. In meinen Augen ist allerdings der größte Hinderungsfaktor, eine Entscheidung zu treffen, dass mehrere mögliche Optionen gleich gut oder gleich schlecht sind. Es stellt sich einfach keine Möglichkeit als offensichtlich besser oder schlechter heraus. Ein Ja zu einem großen Ziel erfordert viele Neins. Und dieses Nein-Sagen ist die nächste Königsdisziplin der Postmoderne. Wir können uns ja nie 100%ig sicher sein, wozu wir Nein sagen. Da helfen dann keine Entscheidungstricks mehr. Ich bin herausgefordert mit der Unsicherheit Freundschaft  zu schließen.

Als Menschen, die ihren Lebensweg mit Jesus gehen, haben wir einen entscheidenden Vorteil. Wir bleiben mit der Unsicherheit nicht allein. Gott stellt sich zu unseren Entscheidungen. Wir dürfen uns entscheiden! Er lässt uns Entscheidungsfreiheit. Sein „grünes Häkchen ist nicht immer notwendig“. Er traut es uns zu. In seinen Augen sind wir mündig und dürfen selbstverantwortlich handeln. Auf unserem Gebetsweg im Frühjahr hatten wir genau dazu eine Station. Es war eine Wand aufgebaut, auf der man die „richtige“ Antwort finden sollte. (Siehe Bilder)

Raten Sie mal! Ja, die Antwort war stets richtig. Gott entscheidet in aller Regel nicht für uns, wen wir heiraten sollen, wohin wir ziehen sollen oder wie wir unsere Kinder nennen sollen. Das dürfen wir selbst tun.

Wir sind an dieser Stelle herausgefordert, die anderen Entscheidungsoptionen loszulassen und den eventuell aufkommenden Zweifeln keinen Raum zu geben. Das fällt uns leichter, wenn wir genau wissen, warum wir die Entscheidung genau so getroffen haben, wie wir es getan haben, was dafür und gegen die Alternativen gesprochen hat. Dann sind wir nämlich entschieden. Sprich, die Entscheidung liegt hinter uns und steht fest. Das ist aber nicht das ganze Geheimnis der Entschiedenheit, denn Entschiedenheit ist weit mehr, als eine Wahl zu treffen. Auf www.karriere-bibel.de ist nachzulesen, dass Entschiedenheit dafür sorgt, dass man sich seiner Sache ganz verschreibt, keine Hintertürchen offenhält und seine ganze Kraft auf das Gelingen seines Ziels konzentriert. Wer sich entschieden hat, einen Marathon zu laufen, der kann nicht jeden Abend faul auf der Couch hocken, sondern muss täglich trainieren. Entschiedenheit bedeutet, bewusst zu wählen und zu handeln. Es gibt dazu ebenfalls ein schönes Bonmot: „Machen Sie doch, was Sie wollen – aber wirklich!“ Und es gibt Studien, die zeigen, dass eine solche Haltung ungeheuer kreativ und produktiv macht. Wer lange zögert und zaudert, seine Entscheidungen hinausschiebt und sich – was noch schlimmer ist – treiben lässt, der verliert sowohl den Respekt der anderen als auch den vor sich selbst. (Karrierebibel)

Zu den unten rechts aufgezählten Früchten für uns ganz persönlich gesellt sich ein weiterer Vorteil: Entschiedenheit gibt meinen Entscheidungen einen Rahmen und begrenzt die unendlichen Möglichkeiten auf ein für mich sinnvolles und überschaubares Maß und letztendlich beantwortet sich eine wesentliche Frage im Leben eines jeden von uns: Was für ein Mensch möchte ich sein? Bin ich Marathonläufer? SPD-Wähler? Vegetarier? Christ? Asket? Ehrlich? Treu? Engagiert? Wichtig ist: Das können nur wir selbst entscheiden. Niemand anderes kann das bestimmen.

Trotz der vielen hilfreichen Tipps in Sachen Entschiedenheit, ist es keine einfache Übung. Was uns hier in der Gemeinschaft hilft, ist die Verbundenheit miteinander. Erika Pöllmann, eine Tertiärschwester der Communität Christusbruderschaft Selbitz, hat uns das auch aus eigener Erfahrung bei der Jahresversammlung der BRUNNEN-Ring-Gemeinschaft 2012 in einem Referat berichtet. Es ist der Schatz der Verbindlichkeit. Verbindlichkeit und Verbundenheit mit anderen gibt Halt, man trägt einander. Man möchte Ziele gemeinsam erreichen. Das steigert die Wahrscheinlichkeit, das auch zu schaffen. Da gibt uns wohl jede Fußballmannschaft recht. Und außerdem haben wir Jesus. Er bleibt in uns  und die verbindliche, geistliche Gemeinschaft unterstützt uns sehr. 

Ich wünsche dir Menschen an die Seite, mit denen du dich verbinden und verbünden kannst! 

 

Übrigens: Den Gebetsweg gibt es auch wieder im nächsten Jahr: 29.05. - 14.06.2020