Lobpreis & Anbetung im Alltag

„Können wir mal noch ein Lied singen?“ Diese Frage begegnet mir häufig im BRUNNEN-Alltag. Auch die Tatsache, dass ich noch nicht so viel Erfahrung habe, Lobpreiszeiten zu leiten und immer wieder mit vielen unterschiedlichen Erwartungen daran konfrontiert bin, führte dazu, dass ich mich mit dem Thema Lobpreis und Anbetung beschäftigt habe. Dabei geht es mir vor allem darum, wie wir Anbetung und Lobpreis definieren und wozu Gott oder wir es brauchen.  
Ich finde es sehr hilfreich, am Anfang zu verdeutlichen, was Anbetung und Lobpreis überhaupt sind. Es gibt sehr viele unterschiedliche Vorstellungen davon, aber wie das Wort „Lobpreis“ schon zeigt, hat es etwas damit zu tun, Gott zu loben. Wir bringen Gott unseren Dank. Wir schauen weg von uns, hin zu Gott und nehmen uns bewusst Zeit, ihm unsere Gedanken und Gebete zu bringen. Dabei geschieht etwas in uns. In Jakobus 4,8 steht: „Nähert euch Gott, und er wird sich euch nähern.“ Bei Anbetungs- und Lobpreiszeiten schaffen wir einen Raum, um Gott zu begegnen und werden von ihm verändert. 
In der Bibel gibt es verschiedene Worte für Anbetung, doch es würde hier zu weit führen alle davon näher zu betrachten. Ich möchte nur kurz auf eines davon eingehen. Im Alten Testament wird für Anbetung oft das Wort „Schachah“ verwendet. Dahinter verbirgt sich der Gedanke, sich vor dem König zu verbeugen und zu zeigen, dass ich ihm ergeben bin und mein Leben ganz ihm gehört. Eine Übersetzung ins Griechische (Proskyneo) zeigt, dass es auch bedeuten kann „die Hand eines anderen zu küssen“. Kurz zusammengefasst: Ich bringe durch Anbetung und Lobpreis Gott meine Ehrerbietung zum Ausdruck. Ich küsse seine Hand. Und gleichzeitig zeigt mir Gott seine Liebe und Güte, wie es in Psalm 103,17 deutlich wird: „Doch die Güte Gottes bleibt für immer bestehen, bis in die fernste Zukunft gilt sie denen, die ihn ehren. Er hält auch noch zu ihren Kindern und Enkeln.“ Und wie wir in Zefania 3,17 lesen können, freut sich Gott über uns, denn er liebt uns. Er jubelt sogar laut über uns, wenn er uns sieht. 
Schon allein deswegen sollte es uns nicht schwer fallen, Gott anzubeten. Es findet sich auch darüber hinaus doch immer einen Grund, um dankbar zu sein, oder? Doch, was ist, in all den anderen Situationen?  
Daniel Harter scheibt dazu in seinem Buch „Wachsende Anbetung“ 2023 im BORN Verlag erschienen: „Gott verdient unsere Anbetung unabhängig davon, wie es uns gerade geht oder was wir davon haben. Er verdient Anbetung in aller erster Linie einfach, weil er Gott ist. Wenn ich mir die Größe Gottes vor Augen male, dann kann ich nicht anders als mich vor ihm niederzuwerfen und ihn anzubeten. Anbetung ist keine nette Option, die unseren Gottesdienst bereichern kann, sondern sollte Kern unseres Lebens sein. Es geht nicht darum, sonntagmorgens ein paar nette Lieder zu singen, sondern darum, dass wir verstehen, wer Gott ist und wer wir sind und wie wir ihm Anbetung bringen können.“ (ebd. S.22) Anbetung ist ein Lebensstil der Dankbarkeit gegenüber Gott. „Aus meiner innigen Beziehung zu Gott heraus schwappt Anbetung in den Gottesdienst über. Dabei ist es nicht so, dass Gott unsere Anbetung nötig hätte oder braucht. Vielmehr hilft Anbetung uns dabei, unseren Blick zurechtzurücken und ermutigt zu werden.“(ebd. S.23) Doch nicht nur das. In unserer Zeit, die stark von Leistung und Konsum geprägt ist, sehnen wir uns nach einem Ort der Ruhe, an dem wir auftanken können, einen Ort, an dem ich erkenne, wer ich bin und was Gott über mich denkt. Doch es steckt noch mehr in Anbetung. 
In der Bibel wird deutlich, welche lebensverändernde Kraft durch Lobpreis und Anbetung freigesetzt wird. Ein Beispiel dafür findet sich in Apostelgeschichte 16, 23-24. Paulus und Silas sind auf Missionsreise und predigen. Dabei treffen sie auf eine Wahrsagerin, die sich auf Grund der Begegnung von der Wahrsagerei abwendet. Das finden die Besitzer der Wahrsagerin natürlich nicht so gut und beschuldigen Paulus und Silas. Der Konflikt endet darin, dass die beiden ohne Gerichtsverfahren öffentlich ausgepeitscht, ins Gefängnis geworfen und in Holzblöcke eingesperrt werden.  
Erstaunlich dabei finde ich, dass die Theologie der Beiden das aushält. Sie haben eigentlich alles richtig gemacht und dennoch erleben sie Schweres, Schmerz, Verleumdung, Strafe und befinden sich in einer scheinbar ausweglosen Situation. Doch nicht nur das. Sie entscheiden sich auch noch, Gott mitten in der Nacht mit Liedern zu loben. In Apostelgeschichte 16,25 lesen wir: „Um Mitternacht beteten Paulus und Silas und priesen Gott in Lobgesängen.“ Dabei hätten sie allen Grund gehabt, schlecht gelaunt und pessimistisch zu sein. Und dann sind sie auch nicht allein im Gefängnis, sondern andere, vermutlich nicht so gut gelaunte Gefangene, hören mit zu. Doch trotzdem entscheiden sie sich zu singen und Gott zu danken.  
Wenn wir uns ansehen, welche Lieder Paulus und Silas da sangen (einige Auslegungen vermuten, dass es das „Hallel“ war, die Psalmen 113-118, die laut Tradition zum Passahfest gesungen werden), dann handeln sie von großer Dankbarkeit gegenüber Gott und Freude darüber, wie er sein Volk vor einem Unheil beschützt hat. Die meisten Juden kannten diese Psalmen auswendig, was sehr nützlich im Gefängnis ist. Sie erinnerten sich also an Gottes Macht und Stärke, an sein Eingreifen. Sie singen sich gegenseitig zu, dass Gott da ist und die Kontrolle hat, auch über scheinbar ausweglose Situationen. Anbetung ist für Paulus und Silas kein Gefühl, sondern eine Entscheidung. Eine Entscheidung, die auf Glauben und Vertrauen in Gott basiert, nicht auf Gefühle und die aktuelle Situation. Doch stellt sich mir die Frage, ob diese Worte und Lieder dann nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben? Daniel Harter schreibt dazu: „Wir sind keine Heuchler, wenn wir im Gottesdienst Liedtexte singen, die vielleicht gar nicht unserer aktuellen Gefühlslage entsprechen. Wir stärken unseren Glauben durch diese Liedtexte und halten an den Wahrheiten Gottes fest. Wir erinnern uns an das, was Gott in der Vergangenheit getan hat, und das wird uns Mut und Glauben für die Zukunft geben. (S.34)“  
Was für ein Trost für mein persönliches Leben: Egal, ob ich gerade schlecht gelaunt bin, müde, verzweifelt, traurig, in einer ausweglosen Situation oder mir Sorgen um die Zukunft der Welt mache, ich darf auf die Kraft der Anbetung setzen, mich allein oder mit anderen gemeinsam an Gottes Souveränität erinnern. Spannend daran ist, dass dies, wie in der Geschichte von Silas und Paulus, nicht nur trostlose Gedanken zum Einsturz bringt, sondern auch die Realität verändern kann und Glauben stärkt. Bei Silas und Paulus stürzen die Gefängnismauern ein und beide sind frei. Doch nicht nur das, auch die Zuhörer, die anderen Gefangenen, sind frei und der Gefängnisaufseher kommt sogar mit seiner ganzen Familie zum Glauben. Anbetung und Lobpreis hat also auch positive Auswirkungen auf die Menschen um uns herum. Kann es also sein, dass Lobpreis und Anbetung mehr ist, als fröhliches Liedersingen und Menschen von unserer Anbetung angezogen und verändert werden können? 
Ich sehne mich jedenfalls danach, diese Kraft von Lobpreis und Anbetung in meinem Leben zu erfahren, sowie auch bei den Menschen, mit denen ich gemeinsam Gott anbete und bei denen, die einfach nur zuhören. 

Dieses Lied bewegt mich seitdem ich mich mit dem Thema Anbetung beschäftige, ein Klassiker von Werner Finis (Melodie: Matt Redman 1997): Das Herz der Anbetung