Wachsen in der Hingabe

Stille-Impuls

Wir laden dich ein zu einer individuellen Zeit der Stille bei dir zu Hause mit dem Impuls von einem unserer Einkehrzeiten: BRUNNEN-Stille@home sozusagen.
Die jeweilige Jahreslosung gibt uns als Stille-Team den Ductus für die Auswahl unserer Themen. Dieses Jahr also aus dem 1. Korinther 16,14 „Alles, was ihr tut, sei von der Liebe durchdrungen.“
Im Nachdenken öffnete sich mir dabei der Zusammenhang zwischen Liebe und Hingabe. Wie kann ich lieben, zweckfreier, absichtsloser lieben? Ehrlicher darin werden? Dazu gesellte sich ein Gebet von Ignatius v. Loyola. Sich dem Wachsen in der Hingabe auszusetzen, dazu einzuwilligen, es mehr und mehr zu üben, war eine der Schlussfolgerungen daraus.
Nun wirst du im folgenden Impuls sehr persönlich damit umgehen - dir angemessen, deinem inneren Vermögen nach. Vielleicht bleibst du bei dem Gebet hängen und betest es laut für dich, schreibst es ab, oder lernst es auswendig. Vielleicht nimmst du auch Fragen in deinem Herzen wahr, dann nutze die Zeit, sie zu notieren und vor Gott auszusprechen. Vielleicht berührt dich der Bibelvers und du kommst mit Jesus darüber ins Gespräch. Oder du gehst dem Impuls nach, einzelne Bereiche deines Lebens Gott hinzuhalten und hinzugeben. Oder du bist nur still in seiner Gegenwart und hältst dich ihm hin und empfängst, was für dich bereitliegt. Nichts ist besser oder schlechter. Wesentlich ist, dir die Zeit zu nehmen – 30 Minuten, einen halben oder ganzen Tag. So, wie es für dich passt, in deiner Lebenssituation. Und wenn du Sehnsucht nach mehr verspürst, was hindert dich? Wie gesagt: dazu herzliche Einladung. 

ICH ZÜNDE EINE KERZE AN

ICH BETE
Das hilft mir, mich auf Gott hinzuordnen, mich  Jesus Christus und dem Geist zu öffnen und mich seinem liebenden Blick auszusetzen.

Nimm hin, Herr, 
und empfange meine ganze Freiheit, 
mein Gedächtnis, 
meinen Verstand 
und meinen ganzen Willen, 
all mein Haben und Besitzen.
Du hast es mir gegeben; 
dir, Herr, gebe ich es zurück. 
Alles ist dein, 
verfüge nach deinem ganzen Willen. 
Gib mir deine Liebe und Gnade, 
denn diese genügen mir.                      
Ignatius von Loyola 1491-1556

TEXT: 1. Kor 16,14 – Jahreslosung 2024

Alles bei euch geschehe in Liebe. (ELB)

Alles, was ihr tut, soll in Liebe geschehen. (das Buch)

Lasst euch in allem, was ihr tut, von der Liebe bestimmen.  (NGÜ)

ICH LESE DEN BIBELTEXT 
in unterschiedlichen Übersetzungen, auch mehrmals, laut oder leise. 
Ich bin aufmerksam, zu welcher Übersetzung es mich hinzieht. 
Ich nehme wahr, was mich berührt und bringe das mit Gott ins Gespräch.
Ich bleibe im Hören. Ich lasse mir dazu Zeit.

ICH LESE/BETE DAS HINGABEGEBET ERNEUT
Ich nehme aufmerksam wahr, was sich in mir regt und komme mit Jesus darüber ins Gespräch. 
Ich halte es ihm hin und bleibe im Hören und Empfangen.

ZU DEN TEXTEN
die Jahreslosung bildet den Briefschluss des 1. Korintherbriefes. Paulus fasst zusammen, was er schon in vorangehenden Kapiteln betonte. Er spricht von Gaben, die Gott schenkt (12) von der Liebe (13), vom Erwachsenwerden im Glauben (13). Er spornt an zu mutigem, erwachsenem Handeln – allerdings durchdrungen, geleitet von Liebe (16).

Das Hingabegebet von Ignatius steht am Ende seines Exerzitienbuches. Es ist Teil „der Betrachtung zur Erlangung der Liebe“.
Liebe erlangt man, im Betrachten der Schöpfung, der Gaben Gottes, seiner Erlösung und seiner Gnade, so Loyola. Aus diesem umfänglichen Betrachten, dem Schauen mit den leiblichen und den Herzensaugen, wird die Größe Gottes deutlich und Staunen beginnt. Aus dem Staunen erwächst die Hingabe hinein in diese Liebe und Größe. Das alles erfordert Wiederholung, also Übung (Exerzitien = Übungen).
Nimm hin, Herr, und empfange…
Liebe macht sich deutlich im Hingeben und Empfangen.
… meine ganze Freiheit, mein Gedächtnis…
… gib mir deine Liebe und Gnade….
Liebe sind weniger Worte als Taten. Zuerst zwischen Gott und mir, dann auch von mir zu anderen.

ICH BLEIBE IN GOTTES GEGENWART  
Dazu nehme ich mir genügend Zeit und warte, was sich anbietet, was in meinem Kopf ist, in meinem Gedächtnis, in meinem Verstand, in meinem Willen.
Das bringe ich meinem Herrn. Nimm hin…
Das kann Freude über die Früchte meiner Arbeit sein oder eine gute Idee.
Ich biete es in meiner Vorstellung dem Herrn an und sage: „Nimm, Herr, und empfange!“
Manchmal sind es Ängste, die mich plagen, eine Krankheit, eine Not. Wieder halte ich sie dem Herrn hin und sage: „Nimm hin, Herr, und empfange!“
Manchmal sind es Wünsche und Sehnsüchte, die aufsteigen - realistische und unrealistische. Ich zeige sie dem Herrn, und manchmal lachen wir darüber. „Nimm hin, Herr, nimm sie in deine Hand!“
Manchmal sind es Menschen, die mir lieb und teuer waren, die gestorben sind. Ich spüre die Trauer und versuche diese Menschen vor den Herrn zu bringen, sie ihm zu übergeben und sage: „Nimm sie hin, Herr, und empfange sie! Ich hoffe, sie sind bei dir gut aufgehoben.“
Manchmal drängen sich Leute ins Gebet herein, die mir im Nacken sitzen, die nerven oder für die ich nichts als Verachtung aufbringen kann. Fluchpsalmen fallen mir ein. Mir ist, als ob solche Psalmen treffend manch emotionalen Zustand von mir ausdrücken. Ich nehme sie wahr und halte sie dem Herrn hin: „Schau, das bin auch ich. Nimm hin und empfange!" 
(nach Bruno Niederbacher, SJ)

ICH GEHE IN DIE NATUR UND BETRACHTE GOTT IN SEINER SCHÖPFUNG

ICH DANKE
Dankbar blicke ich auf die Stille zurück. Es ist gut, was zur Sprache oder zur Denke kam. Ich nehme es so aus Gottes Hand und danke ihm.

ICH NOTIERE
Kurz fasse ich zusammen, was ich erlebt habe, was mir wesentlich erscheint.
Vielleicht möchte ich noch ein bisschen weitermachen, dann:

ICH BLEIBE NOCH EIN WENIG IN DER STILLE
und lese die Legende über den jungen Hieronymus (ca. 350-420 n.Chr.), als er noch in der Wüste von Chalcis als Eremit leben wollte und in ziemliche Schwierigkeiten geriet. Am Tiefpunkt angekommen, soll ihm der Gekreuzigte erschienen sein. Hieronymus fiel sofort auf die Knie und schlug sich mit einer gewaltigen Geste an die Brust. Jesus lächelte ihn vom Kreuz aus gütig an und fragte ihn: „Hieronymus, was schenkst Du mir?“ Hieronymus war überglücklich und wie aus der Pistole geschossen, kam seine Antwort: „Alles Herr, vor allem die Einsamkeit in der Wüste, die mir so hart zusetzt.“ Der Herr dankte ihm freundlich und fragte nochmals: „Und was hast du mir noch anzubieten, Hieronymus?“ Ohne sich erst besinnen zu müssen, antwortete er: „Mein Fasten, meinen Hunger und Durst“, und er fügte hinzu, dass er vor Sonnenuntergang nichts zu sich nähme. Der Gekreuzigte drückte wiederum seinen Dank und sein Mitgefühl aus, er hatte ja selbst einige Erfahrungen mit dem Fasten in der Wüste. Doch er fragte weiter: „Was gibst Du mir noch?“ Hieronymus bleibt die Antwort niemals schuldig, zuweilen wurde er sogar ein wenig redselig: seine Nachtwachen, das Psalmengebet, die Schriftlesung. Jedes Mal dankte der Gekreuzigte mit einem Lächeln, hörte aber nicht auf, seine Bitte zu wiederholen. Hieronymus brachte es fertig, immer neue Antworten zu finden: „den Zölibat, den ich, so gut ich kann, lebe; den Mangel an Bequemlichkeit an diesem öden Ort, die Hitze des Tages und die Kälte in der Nacht.“ Doch schließlich kam er ans Ende seiner Weisheit und streckte die Waffen - aufs Äußerste frustriert, weil der Herr immer noch nicht zufrieden schien mit einer solch eindrucksvollen Liste heroischer Opfer. Dann wurde es sehr still in der Klause und in der ganzen Wüste von Chalcis, als Jesus voll Liebe auf Hieronymus schaute und sagte: „Eines hast Du vergessen, Hieronymus. Gib mir Deine Sünden, damit ich sie vergebe!“

ICH NEHME WAHR, WAS MICH BERÜHRT 
und komme mit Jesus darüber ins Gespräch.
Anschließend mache ich mir ein paar Notizen dazu.
Und schließe die Stille ab.

AMEN